Wissenswertes zu Basel II (Druckversion)
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Wissenswertes zu Basel II
Basel II
Banken müssen für Verlustrisiken von Krediten einen gewissen Teil des Buchwertes des Kredits mit ihrem Eigenkapital unterlegen. Die Höhe des mindestens erforderlichen und von der Bank zu hinterlegenden Eigenkapitals bemisst sich nach der Ausfallgefahr des Kredits. Je höher das Risiko eines Kreditausfalles ist, desto höher ist die Pflicht der Eigenkapitalhinterlegung durch die kreditgebende Bank, was diese wiederum durch höhere Zinsen gegenüber dem Kreditnehmer ausgleichen muss. Denn wo die Bank bei einem schlechten Rating mehr Eigenkapital unterlegen muss, erhöhen sich auch ihre Eigenmittelkosten.

Für die Bewertung des Ausfallrisikos eines Kredites gibt es für die Banken zwei verschiedene Ansätze:

Der erste Ansatz ist der sog. „modifizierte Standardansatz“, bei dem Unternehmen durch externe Ratingagenturen (Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch) bewertet werden. Dieser Ansatz ist aber für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) uninteressant, da kaum ein mittelständisches Unternehmen durch eine dieser Agenturen geratet ist.

Der zweite Ansatz basiert auf bankinternen Ratings auf Grundlage des IRB-Ansatzes (IRB = Internal Ratings Based). Die Banken haben hierbei zwei Möglichkeiten des Ansatzes: den sog. „Basisansatz“ und den sog. „Fortgeschrittenen Ansatz“.

Bei beiden Ansätzen fließen folgende Kriterien in Berechnung des Ratings mit ein:
• Individuelle Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default – PD)
• Wahrscheinliche Höhe des Verlustes bei eintretendem Ausfall (Loss given Default – LGD)
• Kreditlaufzeit (Exposure at Default – EaD)
• Jahresumsatz
• Sicherheiten
Die beiden Ansätze unterscheiden sich dergestalt, dass im Basisansatz die Banken bei der Berechnung des LGD und des EaD auf aufsichtsrechtliche Berechnungsvorgaben zurückgreifen, während sie beim fortgeschrittenen Ansatz eigene Schätzungen in vollem Umfang einbringen können.

Voraussetzung und Ziel ist es aber bei beiden Ansätzen, für den jeweiligen Kreditnehmer möglichst genau die innerhalb eines Jahres vorhandene Ausfallgefahr (PD) zu ermitteln.

Hierzu wird insbesondere gemessen und beurteilt:
• Die aktuelle und künftige Finanz- und Ertragslage (Gesamtkapitalrentabilität, Kapitalstruktur, Netto-Verschuldensquote, Lohnproduktivität, Liquiditätsgrad, Zinsdeckungsgrad)
• Die Brancheneinschätzung (Wettbewerbsintensität, Konjunkturzyklen, Technologiewandel, regulatorisches Umfeld, Branchenwachstum)
• Wettbewerbssituation (z.B. Umsatzentwicklung, Verdrängungswettbewerb, Preisdruck, saisonale Abhängigkeiten, Defizite gegenüber Wettbewerbern in Qualität, Kosten, Innovationsfähigkeit, Marktanteil, Marktposition, erwartete künftige Entwicklung dieser Größen)
• Die Wettbewerbsposition (Marktanteile, Standort, Produkt- und Firmenimage, Kosteneffizienz des Unternehmens, Entwicklung des Unternehmens relativ zur Branchenentwicklung)
• Die Qualität des Managements (fachliche und persönliche Qualifikation, z.B. Branchen-Know-How, Umgang mit Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Marketinginstrumenten, Personalführung)
• Die Kontoführung (Limitausschöpfung, durchschnittlicher Saldo, Verhältnis Haben- und Sollumsätze, Überziehungen)
• Die Zuverlässigkeit des Managements im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Informationen
Hinzu kommen noch sogenannte Softfact-Punkte, die im Rahmen des Ratings analysiert werden können, wie z.B.:
• Bilanzierungsverhalten (Werden Ansatz- und Bewertungswahlrechte so ausgenutzt, dass dies einen signifikanten Einfluss auf die Ertragslage hat?)
• Die Identifikation der Gesellschafter mit dem Unternehmen
• Plausibilität von Unternehmensplanungen (z.B. Liquiditätsplanungen, Kosten- und Erlösrechnungen, erwartete Marktveränderungen, wesentliche Strategien)
• Mitarbeiterfluktuation und Qualifikation
• Informationsverhalten des Unternehmens gegenüber der Bank
• Verfügbarkeit unterjähriger Informationen
• Überprüfung, ob Rechnungswesen, Kostenrechnung und Planung / Controlling in ihrem Detaillierungsgrad den Unternehmens- und Marktanforderungen entsprechen und vollumfänglich funktions- und leistungsfähig sind
• Die Möglichkeit, vorhandene Rationalisierungspotentiale zu erkennen und ob es Analysemöglichkeiten entlang der Prozesskette gibt
• Die Frage, ob die vorhandenen IT-Systeme inklusive der Aspekte der IT-Sicherheit den betrieblichen Anforderungen genügen
• Leistungserstellung (z.B. Auftragsbestand, Kapazitäten und Kapazitätsauslastungen, Investitionsstau, Zustand der Produktionstechnologie, Qualität, Zertifizierungen, Flexibilität hinsichtlich möglicher Marktveränderungen)
• Leistungsstruktur (z.B. Produktmix bzw. Diversifikation, Gefahr der Substitution der Produkte)
• Organisationsstruktur
• Vertrieb (z.B. Kundenorientierung, Vertriebsstärke, Marketingkonzept)
• Risiken der Unternehmensführung (z.B. Betriebsunterbrechung, Standortrisiken, Umweltrisiken, Altlastenprobleme, rechtliche Risiken, geeignete Vorsorgemaßnahmen, z.B. Versicherungen)
• Qualität des Forderungsbestandes und des Forderungsmanagements
• Eigene Zahlungsweise (mit Skonto, mit Ziel, nach Mahnung)
• Abhängigkeiten auf Zulieferer- und Absatzseite
Die konkrete Vorgehensweise der Bonitätsschätzung gibt Basel II den Banken nicht vor. Die Banken haben also Freiräume in der Betrachtung der Risikofaktoren und der Gewichtung dieser untereinander. Auch Unterschiede in den bisherigen Ausfallschätzungen, z.B. aufgrund unterschiedlicher Kreditportfolios, führen zu Abweichungen.

Deshalb ist es nicht möglich, ein pauschales Rating vorzunehmen, da jedes Rating trotz einer gewissen Angleichung durch Basel II immer noch individuell je nach Bank ausfällt.

Besonderer Stellenwert genießt aber bei der Bewertung durch jede Bank die Fähigkeit eines Unternehmens, seine zwingend fälligen Verbindlichkeiten jederzeit und uneingeschränkt nachkommen zu können. Dies kann nur durch entsprechende Liquidität des Unternehmens gewährleistet werden. Umso wichtiger ist es somit für jedes Unternehmen, seine Forderungsumschlagsdauer möglichst kurz zu halten, damit möglichst schnell dem Unternehmen wieder liquide Mittel zufließen. Dies berücksichtigen auch die Banken bei ihrem Rating, in dem sie die Qualität des Forderungsmanagements mit in ihr Rating einfließen lassen. Die Abgabe des Forderungsmanagements an einen professionellen Partner erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, einen höheren Liquiditätsgrad und damit ein besseres Rating bei der Kreditvergabe zu erreichen, was sich letztendlich in besseren Konditionen bei der Kreditvergabe niederschlägt.

Verfasser:
Rechtsanwalt Dirk Fahrland
Scharrelmann Fahrland, Trier
accreditas Vertragsanwälte
Kontakt: kontakt@kanzlei-petrisberg.de

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